Ein Tag geprägt von Konflikten, lehrreich wie selten je einer war.

Ein üblicher Tag im Dorf der Denker? Konfliktbasiert, intensiv und intense. Und geil. Dieser Tag steht – unausgesprochen und unbeabsichtigt – unter dem Motto der Konflikte. Auf allen Ebenen.

Konflikt #1: „Manu, steh auf. Manu, bleib liegen.“
Dem ist Nichts hinzuzufügen; die ersten paar Tage waren hart, die ersten paar Nächte härter. Kampf Nummer 1 ist gewonnen, Boys Room wird mit Eierspeis bekocht, wie jeden schönen Morgen.

Konflikt #2: „Ein dritter Weltkrieg und Österreich ist wiedermal beteiligt?“
Auf geht’s in das Morgenseminar. Dieses steht unter dem Motto „Liberty and Security in Africa“. Wir sind etwa 35 TeilnehmerInnen aus aller Welt, die Hälfte verstreut über den gesamten, von Europa artifiziell mit dem Lineal geteilten „Dunklen Kontinenten“. Allgemeines Thema unseres sehr Disput fördernden Seminars ist das Narrativ der Welt über das ProblemLAND „One-Story Africa“ und welche Probleme hierdurch entstehen. Heute lernen wir zunächst über fehlende Identitäten; Gründe werden vor allem in der Bildung gefunden: Das Fehlen der Prä-Kolonialzeit im fast ausschließlich auf Kolonialsprachen vorgetragenen Geschichtsunterricht hemmen das Gefühl von nationaler und kontinentaler Zugehörigkeit und lassen laut Erzählungen die Abhängigkeit von Europa durchscheinen. Anschließend diskutieren wir die Auswirkungen des Klimawandels auf Grenzen und Konflikte. Unsere hervorragenden Workshopleiter erläutern neben vieler bekannter Probleme wie Dürren und Massenmigration auch das hiervon ableitbare Entstehen militanter Gruppierungen. Boko Haram konnte etwa durch des von Klimawandel erzeugten Rückgangs des Tschadsees um 88% nun arbeits- und lebensgrundlagenlose Fischer und Bauern rekrutieren. Im Folgeschluss entsteht eine äußert intensive Diskussion zwischen VertreterInnen Afrikas nördlich und südlich der Sahara über Zugehörigkeit, Konfliktpotential und Chancen durch die Afrikanische Union. Es ist so intensiv, dass ich mich frage, ob Österreich womöglich die Winningstreak fortsetzt und auch noch am Start des Dritten Weltkriegs beteiligt ist. Ein Prinz, ein abgelehnter Kunststudent, ein Dorf der Denker. Was für eine Geschichte.

Konflikt #3: „Ein persönlicher, für den ich noch nicht bereit bin.“
Nach einem intensiven Vormittag ist es Zeit für das zweite Seminar: „Mindfulness“. Neben diverser theoretischer Grundlagenmodelle zu Meditation und Selbstfindung praktizieren wir auch selbst unterschiedliche Methoden. Am Thema prinzipiell interessiert, als Person aber eigentlich durchaus ausgeglichen, merke ich jedoch, dass mir meditative Übungen leider nur sehr beschränkt zu noch stärkerer Balance und Selbsterkenntnis verhelfen. Es ist jedoch beachtlich, welche Geschichten und Erfahrungen andere Teilnehmer mittels der Meditationen erfahren. Umso mehr frage ich mich, warum ich wohl noch nicht bereit bin. Schade ist, dass der überwiegende Teil Meditation als Hilfe für ihre Problemen sehen; Pessimismus ist vorherrschend, ich fühle mich nicht wohl in dieser elitären Selbsthilfegruppe. Der heutzutage ebenfalls aufkommende Aspekt der optimistischen Overachiever, die in Meditation schlichtweg Ausgleich suchen, fehlt mir. Ich praktizierte weder vor diesem Seminar Meditation noch werde ich es in naher Zukunft tun, doch wer weiß, vielleicht finde ich in Zukunft mehr Gefallen und Nutzen an diesem Zugang.

Konflikt #4: „Harvard oder Stanford?“
Von der NGO Project Access Austria wird ein kurzes Seminar abgehalten, welches zu Bewerbungen an internationalen Eliteschulen motivieren soll. Für viele noch nicht selbst recherchierende Teilnehmende ist das Seminar definitiv hilfreich, hat man sich mit dem Thema jedoch bereits auseinandergesetzt kann man nur wenig mitnehmen. Auf die derzeitige Lebensfrage ob MBA/MPA in Harvard oder Stanford finde ich leider keine Antworten. Nichtsdestotrotz ist es eine definitiv unterstützbare Institution; wenn alles gut läuft, darf ich in Zukunft ja vielleicht Alpbach Mentees coachen um ebenfalls den Schritt zu wagen.

Konflikt #5: „Saturn oder Jupiter?“
Als wäre der Tag – wie jeder andere hier – nicht ohnehin bereits überladen genug und Herr Cranium überfüllt wie selten zuvor, ist es nun Zeit für das FANC Pubquiz. Wir sind gut 300 Wettstreitende und sollen uns in Teams diverser Nationalitäten und Hintergründe zusammenfinden. Ein illustrer, amüsanter Abend, der nur durch die kontroverse Frage gehemmt wird, ob Saturn oder Jupiter schwerer seien, welche leider von der Jury falsch bewertet wird. Zu unserem Entsetzen müssen wir feststellen, dass unser Wissen über Alpbach einem oft zitierten Nudelsieb gleicht und wir keinen Podiumsplatz erringen können. Nun stellt sich die letzte Konfliktfrage des Tages: „Stimmung oder Schlaf?“. Es ist Mitternacht und wir entscheiden uns zur Abwechslung für Rast, denn die in drei Stunden beginnende Erklimmung der Gratelspitze und anschließende Eröffnung der Tiroltage wird uns wieder viel Kraft kosten.

von Manuel Gahn