Die ersten Strahlen der Morgensonne, die da hinter dem Kirchendach auf unseren Balkon im Herzen Alpbachs fallen, verheißen viel: Friede, Freude, Networking. Ein anbrechender Tag steht bevor, durchdrungen von unzähligen neuen Erfahrungen, gespickt von Begegnungen der allerersten Art, befüllt mit Wissensinputs und Faktenchecks, abgerundet durch Gedankenanstöße, in höhere Sphären vorzudringen; kurz: Alpbach, wie wir es täglich seit nun beinahe zweieinhalb Wochen erleben dürfen. Ein Alpbach, das uns StipendiatInnen viel abverlangt. Ein Alpbach, das gerade eines wirklich nicht verhindern kann: FOMO, the Fear Of Missing Out, sprich, die Angst, etwas vom unglaublich vielseitigen und sich überschneidenden Rahmenprogramm zu versäumen. Doch heute steht für mich fest: Raus! Hinaus auf die Berge, die uns da stoisch umgeben und uns täglich wie stille Riesen, wie Felsen in der Brandung daran erinnern, dass FOMO nun wirklich eine rein menschliche Angewohnheit ist, der man auch entfliehen kann.
So steht eine kleine, getreue Gruppe Stipsis frühmorgens auf dem Gipfel des Wiedersbergerhorns und zieht langsam aber stetig den Kesselgrad entlang, schießt Fotos von nebelverhangenen Paralleltälern, tiefgrün bewachsenen Felshängen und neugierigen Bergziegen. Sie setzt ihre Schritte bewusst langsam und bedacht, um die Seilversicherungspassagen des Weges gut zu überstehen. Sie tauscht sich aus und fokussiert sich auf die Vergangenheit ihrer Mitglieder, und zwar nicht bloß auf die Curricula Vitae, sondern auf das, was uns Menschen noch viel spannender macht: die persönlichen Erfahrungen, die Höhepunkte und Rückschläge unserer jungen Truppe. Die Reflexion des eigenen Lebens, nicht bloß die der eigenen Karriere. Schlussendlich wird mir klar, dass alle, die wir da diese sechsstündige Wanderung unternehmen, viel mehr gemeinsam haben, als mir aus unseren tagtäglichen Smalltalk-Pitches bewusst geworden wäre. Wir sind unglaublich motivierte Youngsters, und überdies verrückt genug, die Welt – wenn schon nicht zu retten – zumindest zu verbessern.
Es gibt kaum Entspannenderes für unsere ausgelaugte und von alkoholtriefenden Empfängen geprägte Seele als hinaus zu gehen in Mutter Natur. Auch das ist Alpbach – die Erkenntnis, FOMO hinter sich zu lassen, die vielen Panel-Discussions und Fireside-Talks, die Finanzmarkt- und Wirtschaftsgespräche für einen Tag beiseite zu lassen – um Energie zu tanken für die noch anstehenden Tage, aber auch um sich selbst und seine Mitmenschen tiefer und gründlicher kennenzulernen. FOMO RESOLVED? Definitely. REGRET OF HAVING MISSED SOMETHING? Definitely not.
von Andreas Wabro