Nach einer ausgiebigen Stipendiatenfeier am Vorabend ist es Zeit für den zweiten Seminartag. Gemeinsam gehen bzw manche schleppen sich eher zur weit entfernten Mittelschule (5 min Gehzeit; Alpbach-Distanzen sind herrlich!). In meinem wissenorientierten Seminar „Activism versus Resistance – How to Transform Together?” dreht sich heute alles um Populismus und dessen Einfluss auf den Umgang mit der Klimakrise. Eine hochmotivierte Stipendiat:innengruppe lauscht gebannt dem Soziologen vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, der die neuesten Forschungserkenntnisse dazu mit einer Präsentation an die Wand projiziert. Danach wird gemeinsam mit der anwesenden Psychologieprofessorin und der unglaublich engagierten Seminarassistentin darüber diskutiert und die Ideen an die Tafel geclustert. Wie im Flug ist es auch schon Zeit für die wohlverdiente Pause, in der uns das Jungster-Team des Jakobers mit Kaffee und Tee versorgt. Zurück im Seminarraum überlegen wir frisch gestärkt in Kleingruppen mit dem neu gewonnenen Wissen, welche konkreten Fallbespielen wir aus dem Alltag kennen, in denen die Klimakrise Einzelschicksale verändert hat und welche Auswirkungen in diesem Zusammenhang populistisches Vorgehen der Politik, Unternehmer:innen, Mitbürger:innen etc haben kann. Es werden Plakate gezeichnet und Beschriftungen angebracht und im Anschluss den anderen Kursteilnehmer:innen die ausgewählten Situationen ausführlich näher gebracht. Punkt Zwölf Uhr ist es Zeit die Schule hinter uns zu lassen und rasch zurück ins Dorfzentrum in unsere tolle Unterkunft des Club Alpbach Niederösterreich zu kehren. In der besten WG aller Alpbach-Zeiten wird im Nu arbeitsteilungsoptimiert das Mittagessen auf den Tisch gezaubert: zwei gehen einkaufen, zwei kochen und zwei servieren ab. Nudeln mit Pesto ist schon nach drei Tagen zum Klassiker geworden.
Einige von uns springen direkt nach dem letzten Bissen auf und eilen zum „Strangers in a Gondola“. Bei diesem kreativen Kennenlern-Event sitzen die Teilnehmer:innen mit ihnen unbekannten anderen Alpbach-Menschen in einer Gondel, tratschen über dies und das und am Schluss wird der QR-Code des jeweilige andere Alpbach-Badges gescannt, damit der neu gewonnene Kontakt auch von Dauer ist.
Um 16.00 Uhr geht es hoch zum Kongresszentrum. Im großen Saal findet die offizielle Eröffnung des Europäischen Forum Alpbach 2022 mit einleitenden Worten von EFA-Präsidenten Andreas Treichl statt. Besonders erwähnenswert sind die eindringlichen Worte der Moldauischen Präsidentin Maia Sandu über die derzeitige Situation in ihrem Heimatland und die verheerende Situation in der Ukraine aufgrund es russischen Angriffskriegs. Danach betritt Bundeskanzler Karl Nehammer die Bühne und bittet auf die Frage nach dem fehlenden Klimaschutzgesetz um „mehr Zeit“ – dies nach mehr als 600 Tagen (!!) seit Außerkrafttreten des alten KSGs. Daraus lässt sich schon erahnen, wie die Gespräche mit den österreichischen Politiker:innen in den folgenden Tagen verlaufen.
Am Abend lädt der Sponsor A1 zu einem Empfang im Kongresszentrum, bei dem der Tag der Eröffnung feierlich ausklingt. Erste Eindrücke haben wir schon gesammelt und mit freudiger Erwartung blicken wir den spannenden Tagen, die noch bevorsteht entgegen. Alpbach beginnt.
von Helena Bergthaler